Montag, 5. September 2011
TONNO DEL CHIANTI – MIT RUHIGEM GEWISSEN
Ein Feinkosthändler aus Salzburg, ein neu entdeckter Lieferant für Fleisch von freilaufenden Turopolje-Schweinen und eine wissbegierige Küchenschabe ergeben: Tonno del Chianti.
Ich beginne beim Feinkosthändler. Der hatte mich per Mail informiert, dass er die Produkte eines toskanischen Fleischers in sein Sortiment aufgenommen hat. Dieser Fleischer stellt eine alte toskanische Spezialität her, eben das Tonno del Chianti. Thunfisch aus dem Chianti? Ist mir neu.
Des Rätsels Lösung: Die Spezialität heißt zwar Tonno, ist aber aufwendig zubereitetes Schweinefleisch. Mein nächster Schritt: recherchieren. Ergebnis: Das Rezept findet man im Kochbuch "The Slow Mediterranean Kitchen" von Paula Wolfert. Natürlich auch im Internet, aber ein Kochbuch kaufen ist viel schöner.
Ich habe also das Kochbuch und ein Rezept, das eine Herausforderung für mich ist. Der nächste Schritt war für mich, Tonno del Chianti zu kosten. Diese Gelegenheit hat sich mir beim Toskana-Urlaub im Frühling geboten, und für mich war danach klar: Das muss ich selbst machen!
Seit einigen Wochen verkauft ein Turopolje-Züchter sein Schweinefleisch auf dem wöchentlichen Markt in unserer Stadt. Diese kroatische Schweinerasse ist anspruchslos, kälteresistent und kann problemlos das ganze Jahr im Freien gehalten werden. Das Fleisch ist daher von hervorragender Qualität - genau richtig für meinen ersten Tonno del Chianti.
Tonno del Chianti
1 kg magere Schweinsschulter
2 TL grobes Salz
1 EL grob gemahlene Pfefferkörner
2 Lorbeerblätter, fein gemahlen
1/2 TL gemahlene Fenchelsamen
1 TL Thymian
Olivenöl
1 kleine Knoblauchknolle (halbiert)
1 kleine rote Zwiebel, papierdünn geschnitten
3 EL Rotweinessig
Olivenöl, Essig und Salz zum Abschmecken
Baguette, getoastet
Alles Fett, alle Sehnen und Knorpel vom Fleisch entfernen. Das Fleisch in fünf Zentimeter große Stücke schneiden. In einer kleinen Schüssel Salz, Pfeffer, Lorbeer, Fenchel und Thymian vermischen. Das Fleisch und die Würzmischung in eine gut verschließbare Plastiktüte geben und die Würzmischung ins Fleisch massieren. Alle Luft aus dem Sackerl drücken, gut verschließen und für sechs Stunden oder über Nacht kühlen.
Das Fleisch, ohne es abzutropfen, in einer Lage in eine ofenfeste Kasserolle legen, das Olivenöl darübergießen und das Fleisch damit komplett bedecken. Zudecken. Langsam auf der Herdplatte erwärmen bis das Öl kocht, 30 bis 45 Minuten leise köcheln. Das Backrohr auf 120 Grad vorheizen.
Den halbierten Knoblauch dazugeben und die Kasserolle für zweieinhalb Stunden ins Backrohr stellen. Darauf achten, dass das Öl nur ganz leise köchelt, das Fleisch soll nicht braun werden. Um zu prüfen, ob das Fleisch gar ist, ein Stück rausnehmen und drücken, es sollte in kleinere Stücke zerfallen und eine zartrosa Farbe haben (das Probestückchen schmeckt jetzt schon phantastisch).
Aus dem Ofen nehmen und komplett auskühlen lassen. Für mindestens fünf Tage kühl lagern und darauf achten, dass das Fleisch völlig von Olivenöl bedeckt ist. Falls nötig, noch frisches Öl zugießen.
Vor dem Servieren das Fleisch nochmals langsam erwärmen. Gleichzeitig die roten Zwiebelscheiben 30 Minuten in Essig einweichen. Das Fleisch in einem Sieb abtropfen lassen, die Abtropfflüssigkeit auffangen, Knoblauch entfernen.
Den abgetropften Fleischsaft zusammen mit der Flüssigkeit aus der Kasserolle zur Seite geben, damit sie sich setzen kann, das warme Fleisch mit einer Gabel grob zerreißen. Von der Flüssigkeit das Olivenöl, das oben schwimmt abgießen, es sollten ungefähr 100 Milliliter würziger Fleischsaft übrig bleiben. Diesen Saft mit dem zerzupften Fleisch vermengen, eventuell auch noch etwas frisches Olivenöl dazu geben, sodass das Fleisch zur Gänze mit Flüssigkeit überzogen ist. Abschmecken. Die Fleischmischung auf warmes, getoastetes Baguette löffeln und die marinierten Zwiebeln oben drauf legen. Es schmeckt zum Niederknien gut.
Und mein Mitkoch serviert dazu eine Flasche Chianti, Le Trame 2002 von Giovanna Morganti aus Castelnuovo Berardenga.
Anmerkung zum Kochbuch "The Slow Mediterranean Kitchen":
Paula Wolfert befasst sich wirklich mit der Küche des gesamten Mittelmeerraums, versteht unter "mediterran" also mehr als die meisten anderen Kochbuchautoren. Die setzen mediterran nicht selten mit Mittelitalien, mit der Toskana gleich. In diesem Buch findet man hingegen genauso Rezepte aus Marokko, der Türkei, Spanien oder Griechenland.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
das ist ja eigentlich eine art confit, liest sich spannend, und mit "magerem" fleisch von extensiv gehaltenen rassen schmeckt das bestimmt super. hast du claudia rodens "arabesque"? das mag ich nämlich sehr und mich würde ein vergleich der beiden bücher interessieren.
AntwortenLöschenein mageres rillette sozusagen, kann ich mir geschmacklich sehr gut vorstellen. ich würde mir rohen fenchel an stelle der zwiebel drüber hobeln.
AntwortenLöschen@ katha
AntwortenLöschenHallo Katha,
Sicher hab ich das Arabesque und ich mag es sehr gerne. Das Buch von Paula Wolfert ist neu, ich hatte noch nicht die Zeit, die anderen Rezepte abzuklopfen. Ich wird das aber nach meinem Urlaub machen :-)
@ Eline
Ich mag rohen Zwiebel in Rezepten (zum Beispiel im steirischen Rindfleischsalat, oder im Tomatensalat) überhaupt nicht und war auch bei diesem Rezept skeptisch. Aber diese papierdünnen, marinierten Zwiebelscheiben schmecken nach einer halben Stunde in gutem Essig so delikat. Sie stellen zusammen mit knusprigem Baguette eine optimale Ergänzung zum würzigen Fleisch dar und sind das Tüpfelchen auf dem i. Sie haben dann gar nichts mehr wildes und gewöhnliches an sich. Ich bin mir nicht sicher, dass sich roher Fenchel da durchsetzen könnte (und ich liebe Fenchel).
Ha! Mein Ding! Ohne jeden Zweifel! Grandios! Probier ich aus!
AntwortenLöschenOh, ich weiß gar nicht, was appetitlicher aussieht: Das Chianti-Fleisch oder der Chianti-Wein :-D Als großer, großer Toskana-Fan muss ich das dringend mal ausprobieren. Blöd nur, dass mein Lieblingsmetzger Moslem und somit leider keine Quelle für Schweinefleisch ist. Aber ich mache mich mal auf die Suche nach einem gescheiten Händler. Denn bei dem Gericht kommt es sicher ganz besonders auf die Qualität drauf an. (Wann nicht?) Schönes Blog übrigens. Freue mich, dass ich via Vorspeisenplatte drauf gestoßen bin!
AntwortenLöschen...und so zauberhaft angerichtet!
AntwortenLöschen5 Tage warten?? Das ist eine Herausforderung! Ich werde es unbedingt ausprobieren, wenn ich einmal Platz im Kühlschrank habe..
AntwortenLöschenDu kochst uns doch hoffentlich mehr aus diesem famosen Kochbuch, gell?, weil auch im Bücherschrank hab ich nicht wirklich Platz..
lg, Friederike
@ Claus
AntwortenLöschenund ich muss unbedingt deine Burger nachbraten - allerdings mit selbstfrittierten Kartoffelwürfeln :-)
@ Julia
Der Wein war wirklich eine harte Konkurrenz für den Tonno!
@ Ilse
dankedanke! War auch eine ziemliche Schnipslerei!
@ Friederike
Sicher, mach ich! Ich bin nur leider ein Kochbuchhamster - einmal in eine Buchhandlung, und schon wieder eins gekauft - also ist die Konkurrenz groß: so viele Rezepte - viel zu wenig Zeit ...
Sollte auch mit Mangalitza funktionieren. Aber diese 5 Tage könnten sehr lange werden. Die marinierte Zwiebel finde ich eine gute Idee. Das "zwiefeln" nach dem Genuss wird einem aber wohl nicht erspart bleiben...
AntwortenLöschen