Freitag, 5. April 2013

BÖHMISCHES VOM NORDPOL

Liwanzen ... das schmeckt nach Kindheit, nach Feiertagen, nach etwas ganz Besonderem. Ich habe mir schon anhören müssen, dass sich der Mehraufwand gar nicht lohnt, dass Rahmdalken oder ähnliches ja fast das Gleiche sind.

Ganz falsch! Er lohnt sich, und wie! Diesen besonderen, feinen Geschmack hat nur die Liwanze aus Germteig. Sie ist flaumig, mit einem ganz leichten herben Germgeschmack und im Hintergrund etwas Zitrone. Dazu säuerliche Powidlmarmelade, Zucker und Sauerrahm ... ich kann gar nicht aufhören zu schwärmen ...

Liwanzen sind unmodern geworden. In Gasthäusern und Restaurants sind sie so gut wie ausgestorben. Findet man sie doch mal irgendwo auf der Karte, werden sie "neu interpretiert" und haben nix mit den Liwanzen meiner Kindheit zu tun. Doch voriges Jahr waren wir nach einem Tipp von Katha zum Abendessen im Nordpol in Wien. Und dort waren sie auf der Karte. Und zwar so, wie sie sein müssen (na gut, Topfen dazu mag ich nicht, der muss aber laut Originalrezept sein).

Vom Besitzer des Nordpol gibt es ein kleines, feines Kochbuch mit diesem Liwanzenrezept. Das Buch ist zwar schon vergriffen, aber bei dieser praktischen Seite habe ich es dann doch bestellen können.

Liwanzen
für 4 Personen

300 g Weizenmehl glatt, Typ 480
500 ml lauwarme Milch
40 g Staubzucker
1 Ei
1 Eidotter
20 g Germ
abgeriebene Schale einer Zitrone
1/2 TL Salz

Butterschmalz
Powidlmarmelade
etwas Zimt
1 Schuss Rum
Sauerrahm
Bröseltopfen
Backzucker zum Bestreuen (der schmilzt nicht!)

Die hübsche blaue Pfanne habe ich mir vor vielen Jahren in der Tschechoslowakei gekauft.
Germ in einem Drittel der lauwarmen Milch auflösen. Diese Milch mit Staubzucker, Ei, Eidotter, Zitronenschale und Salz verrühren. Dann die restliche Milch abwechselnd mit dem Mehl zugeben. Den Teig so lange rühren, bis er dickflüssig ist und Blasen wirft. Das dauert ungefähr fünf Minuten. Im lauwarmen Backrohr bei 35 bis 40 Grad eine halbe Stunde aufgehen lassen.

Etwas Butterschmalz in den Vertiefungen einer Dalkenpfanne zerlassen oder in eine normale Pfanne geben. Mit einem kleinen Schöpflöffel in die Mulden gießen (oder in der normalen Pfanne kleine Fladen mit einem Durchmesser von ungefähr acht Zentimeter formen). Goldbraun backen, umdrehen und auf der zweiten Seite ebenfalls knusprig braten. Im Backrohr warm halten, bis alle gebacken sind. Powidlmarmelade mit Zimt und Rum verrühren und auf die Dalken streichen. Den Topfen drauf geben (hab ich nicht gemacht, mag ich nicht), mit Sauerrahm und Streuzucker servieren.

Ich glaube, ich habe mindestens acht Stück davon gegessen, und ich kann ohne Übertreibung sagen, dass sie genau so geworden sind, wie ich sie in Erinnerung hatte ...



47 Kommentare:

  1. Das sieht ein bisserl aus wie Blinis. Die Pfanne ist genial, und das Wort Liwanzen geht sofort in meine Sammlung österreichischer Lieblingsworte.

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    1. Ha, du hast auch so eine Sammlung! Ich tät gern mehr bayrische Wörter kennen, inzwischen bin ich ja fast schon besser bei den schweizerischen (Wildhendl!), wobei mein Lieblingswort derzeit schnäderfräsig ist :-)

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    2. Gell «schnäderfräsig» ist ein schönes Wort! Das mag ich auch total gerne.

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    3. äh - und was heißt das dann?
      Hier ist ein schönes bayrisches Wort für dich, Schabe: Kaasloabe.
      Hat nix mit Essen zu tun, sondern beschreibt eine blasse Person,solche wie wir, nach diesem langen Winter.
      Meine bayrische Oma hat übrigens immer Karfiolsuppe gemacht.

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    4. Hallo Ilse, ich anworte hier stellvertretend fürs Wildhendl, quasi als Schweiz-Expertin ;-): schnäderfräsig heißt haglich, oder auf hochdeutsch heikel!

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    5. haglich - wir sagen hoakel in Bavaria

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    6. Liwanzl kommen ursprünglich aus Böhmen. Hat meine Oma früher schon immer gemacht.Ich hab auch noch ihre alte Pfanne dazu. Aber im original Rezept ist kein Germ und auch keine Zitrone. Komme aus der Oberpfalz in Bayern.

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  2. Jaaaa, die Liwanzen vom Nordpol sind legendär! Ist das Rezept nicht auch auf der HP vom Nordpol? Also zumindest waren sie es einmal, denn nach dem Rezept habe ich es schon einmal nachgekocht. Leider hab ich nicht so eine geniale Form wie du, daher wurden die Dinger nicht so schön, dass sie in meinen Blog gedurft hätten.

    Danke für dein Link mit den antiquarischen Büchern! So bestell sogar ich was im Internet. ;)

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    1. Ja, diese Buchadresse ist toll, da hab ich schon vieles bestellt, das man sonst nirgends mehr findet!
      Das Rezept hat er tätsächlich auf seiner HP, als ich das gesehen habe, hatte ich aber das Buch schon!

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  3. Das mag ich auch, ganz bestimmt. Jepp, ich gebe 356 Tage recht, die Flauschis sehen den Blinis ähnlich.

    Könnten wir noch Lektion 10 oder so in unserem Sprachkurs in Angriff nehmen? Was ist Powidlmarmelade? Bitte gerne auch noch mit Erklärung, wie man das ausspricht. Betonung auf dem o oder auf dem i?

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    1. Aber gerne, Wildhendl, Lektion 10:
      Powidl mit Betonung auf dem o, das ist eine Marmelade aus Hauszwetschken, die endlos lange gekocht werden, bis fast nix mehr davon da ist und sie ganz dunkelblauschwarz sind. So wie hier:
      http://diekuechenschabe.blogspot.co.at/2011/10/faul-und-feig-powidl-und-germknodel.html

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  4. So eine schöne Liwanzl-Pfanne und so feine Flauschies!
    Liwanzln gab es vor ein paar Jahren noch beim Dannerbauer in Brandstatt. Hab ich immer gerne gegessen, mit viel zerlassener Butter, Zucker und Mohn oder Zimt.

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    1. und ohne Powidl? Na, das geht gar nicht bei mir ;-))

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    2. Ich denk grad nach: powidl gab es auch, aber reichlich Butter und Mohn- das brauch ich unbedingt zu Liwanzln.

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    3. na ja, wenn Powidl dabei ist, will ich über den Mohn und die Butter mal hinwegsehn ;-)

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  5. hallöchen...
    meinem mitesser und mir läuft hier auf sicilia das wasser im mund zusammen.
    das wäre viiiiiielleicht ein grund um nach hause zu fahren. obwohl bei dem gedanken an die kälte, dieses rezept doch bis july warten muss. aber dann...
    lg
    helika

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    1. wir sitzen hier in Österreich und frieren. ICH würde Sizilien nicht verlassen :-)

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  6. Alle Fragen schon beantwortet :-) auf Zwetschgen hätte ich auch getippt (das schwarze Zeug heißt bei uns schlicht Pflaumenmus, Powidl gefällt mir deutlich besser!) und Liwanzen, her damit!! ;-)

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    1. Einspruch, liebe Eva ;-)
      Das ist nicht nur so ein einfaches Pflaumenmus, sondern ein extra lange gekochtes Pflaumenmus, das vom langen Kochen eine sehr dunkle Farbe annimmt. Im Saarland, wo ich geboren bin, nennt man das Lattwerg oder Lattwersch und das entspricht genau dem von der Schabe zubereiteten Powidl

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    2. Nicht statt gegeben ;-) Das norddeutsche Pflaumenmus wird auch stundenlang im Backofen "gekocht", bis es pechschwarz und sehr intensiv schmeckend wird und das entspricht doch dem Powidl oder Lattwerg, oder?

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    3. Ach Eva, die Liwanzen machst du dir doch ruckzuck selbst :-)
      Und in die Pflaumenmus/Powidl/Lattweg-Diskussion mische ich mich lieber nicht ein - für mich klingt das alles wie Powidl ;-)

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  7. Na, da muss sich die Naschkatze gleich zu Wort melden: grandios! So flaumig und mit Powidl!!! Genau meins. War dein Powidl wieder mal selbstgemacht? Ich erinnere mich noch an deinen Post dazu... schönes Wochenende! PS: Rate mal wer sich heute "Die Jagd" im Kino anschauen wird ;-)

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    1. Ja, das war das letzte selbstgemachte Glas (glaube ich zumindest, in meiner Speisekammer ist die Marmeladesektion etwas durcheinandergeraten, ich müsste suchen).
      Wie war der Film?

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    2. unbedingt sehenswert, aber heavy shit! Mads Mikkelsen extrem gut!

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  8. Ihr habt ja ganz schoen interessante Sachen zum Essen in Oesterreich... alle Achtung! LG Gudrun

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  9. das kommt einem Böhmisch vor :-)
    Nein, im Ernst, Liwanzen, habe ich noch nicht gehört, Deine sehen sehr fein aus.

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    1. die böhmische Küche hat noch einige interessante Rezepte, und angeblich war ja eine Uroma von mir eine böhmische Köchin :-)

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  10. Liebe Küchenschabe,

    jetzt weiß ich, wohin wir im Mai, wenn wir nach Wien fahren, unbedingt Essen gehen müssen. Hoffentlich schmecken die Liwanzen im Nordpol auch nur annähernd so gut, wie sie bei Dir aussehen. Deinen Blog finde ich einfach wunderbar.

    Herzliche Grüße

    Sabine

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    1. Hallo Sabine, bin neugierig, wie es dir im Nordpol gefällt. Falls du wirklich hinkommst, wäre ich neugierig auf einen Bericht!

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    2. Liebe Küchenschabe,

      okay, ich werde mich dann melden. Wir waren letztes Jahr auch in Wien und haben das "Freyenstein" besucht. Dein Bericht hat uns dazu inspiriert und ich muss sagen, es war wirklich klasse! Ich bin überhaupt ein riesengroßer Wien-Fan und freue mich immer, wenn ich diese wunderschöne Stadt besuchen kann.

      Liebe Grüße

      Sabine

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  11. Ich habe eine alte Liwanzenpfanne, mit der kann ich allerdings auf dem Induktionsherd nichts anfangen. Ob das auch im Backrohr geht? Ich sollte es einfach mal probieren, ich mag Liwanzen nämlich auch sehr!

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    1. So ein Mist mit den neumodischen Öfen - meine Liwanzenpfanne, die ja auch ziemlich antiquiert aussieht, funktioniert auch auf Induktion, ich hab's gerade getestet (ich hab nur eine Zusatzplatte für Induktion, der Rest ist ein normales Ceranfeld)

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  12. perfekt! und gut, dass du das buch noch bekommen hast, da sind nämlich auch ein paar andere schätze drin.
    ich mag das rezept sehr, und im nordpol schmecken sie genauso wie zuhause (oder umgekehrt). für mich auch gerne mit bröseltopfen. hauptsache heiß und flauschig.

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    1. Da hast du mich gleich neugierig gemacht, da dann werd ich mir das Buch mal genauer zur Brust nehmen ;-)!

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  13. Die hätte ich jetzt gerne...Liwanzen und Powidl...- auch in der Steiermark beliebt! Die Pfanne gefällt mir...aber ob ich für die wieder Platz hab und sie so oft nutze...

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    1. Platz hab ich in der Küche auch gar keinen dafür. Sie war gut versteckt in der Speisekammer, ich hab sie sicher eine Viertelstunde gesucht :-)

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  14. Oh wie toll!!! Ich liebe auch Liwanzen aber ich hab keine Pfanne :-( Beim letzten Tschechei-Besuch waren sie "grad aus".....aber ich hoffe bis zum Sommer schaff ichs nochmal rüber!

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  15. gibts dort das schöne alte "Küchenzeugs" überhaupt noch, oder haben die jetzt auch schon überall das Gleiche?

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  16. gerade ausprobiert und alle waren begeistert! danke fürs rezept. susi

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  17. In unserer Familie werden Liwanzen nur in eine Zimt-Zucker Mischung gewendet und noch heiss gegessen. Auch werden die in der groesse von Palatschinken gemacht. Nicht so kleine :)
    Powidl oder Topfen werden eigentlich nur fuer Dalken /Vdolky verwendet.
    Schoene Gruesse von Prag.Katka

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    1. Hallo Katka,
      vielleicht ist das auch regional unterschiedlich - Herr Vratislav Krivák, der Autor des Buches, stammt aus Kojetíne bei Olomouc, dort macht man die Liwanzen wahrscheinlich so, wie er sie in seinem Buch beschreibt :-)

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  18. Tolle Pfanne.
    Meine "Wanzen" (O-Ton Sohn, als er noch klein war) sind immer ein bissl unförmig. Hab ich schon lange nicht mehr gemacht. Wird geändert! :)

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  19. Zu Schade, dass ich keine solche Pfanne besitze... ich muß mich wohl von dir bebacken lassen :)

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    1. nein, nein ;-)), die funktionieren schon auch in einer normalen Pfanne - vielleicht werden sie nicht ganz so schön rund, aber genauso gut :-))!

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