Montag, 7. Juli 2014

DIEBE IM WEINBERG

Es geschah wirklich aus reiner Unwissenheit. Oder sagen wir eher Unbedachtheit. Was bei mir radikal abgeschnitten wurde, was ich kiloweise in Säcke stopfte und zum Kompostplatz der Gemeinde brachte, bringt anderswo Menschen dazu, sich nächtens auf die Socken zu machen, auf fremdes Land zu schleichen und dort zu plündern. Hätte ich daran gedacht, welche Schätze in meinem Garten wachsen, ich wäre achtsamer damit umgegangen - denn:

Wiener Weinbauern schlagen Alarm. Täter pflücken Weinstöcke oft bis aufs letzte Blatt ab. Sie schleppen die Blätter säckeweise weg. Die Pflanzen sind dadurch so schwer geschädigt, dass die Weinbauern um ihre Ernte fürchten ("Ist das Grün einmal weg, gibt es weder Trauben noch Wein").

Warum tun die Täter das? Die wissen sehr genau, was gut ist. In der österreichischen Küche eher unbekannt, gelten gefüllte Weinblätter anderswo als Delikatesse. Und bei mir ab jetzt auch: Jahrelang habe ich sie links liegen gelassen. Die Standardversion, wie man sie im Urlaub oft als Vorspeise bekommt, war mir immer zu fad - viel Reis mit wenig Geschmack.

Erst die Geschichte mit den geplünderten Weinstöcken ließ in mir den eigentlich naheliegenden Gedanken reifen, dass ich die Füllung ja durchaus nach meinem Geschmack variieren könnte  - wo ich doch sozusagen den ganzen Garten voller Weinblätter habe ...


Gefüllte Weinblätter mit Lammfleisch, Petersilie und Rosinen

etwa 24 frische Weinblätter
200 g Lammhals, faschiert
150 g Reis (K: Jasminreis)
Saft einer Zitrone
Zesten von einer Zitrone
1 große milde Zwiebel
1 Knoblauchzehe, fein gehackt
1/2 TL Zimt, gemahlen
1/2 TL Piment, gemahlen
1 TL Kreuzkümmel, gemahlen
1 TL Piment d'Espelette oder ein anderes mittelscharfes Chilipulver
Salz, Pfeffer
eine Handvoll Rosinen
1 Bund Petersilie, grob gehackt

Saft einer zweiten Zitrone
Olivenöl

Eine andere Füllung kann man hier bei Susi nachlesen.


Das faschierte Lammfleisch mit dem Saft einer Zitrone übergießen, salzen und pfeffern. Zur Seite stellen. Reis waschen und abtropfen lassen.  Die Zwiebel fein hacken und in etwas Olivenöl etwa 15 Minuten lang dünsten.  Reis, Knoblauch, Zimt, Piment, Zitronenzesten, Chilipulver, Kreuzkümmel, Rosinen und Petersilie zu den Zwiebeln geben und gut verrühren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Es sollte ganz leicht versalzen schmecken, der Reis "frisst" während der langen Kochzeit ziemlich viel Salz.

Die frischen Weinblätter zwei Minuten in kochendem Wasser blanchieren. Anschließend kalt abschrecken und auf ein Küchentuch zum Trocknen legen. Die getrockneten Weinblätter mit der Spitze nach hinten und der Oberseite nach unten vor sich hin legen. Einen Esslöffel der Füllung drauflegen. Seitlich einklappen und dann zur Spitze hin fest einrollen. Die fertig gerollten Blätter eng in eine passende Pfanne legen. Etwas Olivenöl draufgießen, die Blätter nochmals salzen und pfeffern.

Den Saft der zweiten Zitrone mit heißem Wasser zu den Weinblättern leeren, bis die Blätter etwa zur Hälfte im Zitronenwasser schwimmen. Ungefähr 40 Minuten zugedeckt leise köcheln lassen. Dann vom Herd nehmen und etwa eine Viertelstunde überkühlen. Mit Knoblauchjoghurt servieren.

24 gefüllte Weinblätter sind auch für gefräßige Menschen ein bisschen viel. Und so konnten wir am nächsten Tag feststellen, dass sie gut gekühlt noch besser schmecken als frisch und lauwarm!
Der Mitkoch, ein begeisterter Weinblattesser, versah meinen Erstversuch mit dem Prädikat "die besten, die ich bis jetzt gegessen habe". Wenn das kein Ansporn für weitere Versuche ist ...

25 Kommentare:

  1. Liebe Uschi,
    ich habe das auch mit großem Erstaunen gelesen, dass offenbar tonnenweise (!) Blätter von Weinstöcken in Wien gestohlen werden. Da muss wahrscheinlich wirklich ein ganzer Weingarten geplündert werden, dass man eine Tonne zusammenbringt. So eine Art von Vandalismus kannte ich bisher nicht.
    Zum Glück hab ich eine liebe Freundin, deren Weinstock ich rupfen darf. Deine Röllchen schauen so hübsch aus, dass ich sie in diesem Sommer auf jeden Fall nachmachen muss!

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    1. Dein Rezept gefällt mir auch ziemlich gut, lediglich den Dill muss ich ersetzen, den mag ich nicht - vielleicht nehm ich Minze :-)

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  2. Gibt es eigentlich irgendwas, wo das organisierte Verbrechen noch nicht zuschlägt? Im Osten Deutschlands werden ganze Kuhställe ausgeraubt, bei euch sind's die Weinblätter. Irgendwie entsetzlich. Trotz allem sind deine Weinröllchen allerliebst und toll fotografiert!

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    1. Echt? In Deutschland werden Kuhställe ausgeraubt? Das wusste ich nicht, muss ich gleich mal googeln ...

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  3. Schade das es solche Vandalen gibt, da fehlen einem echt die Worte...
    Danke für das leckere Rezept, ich habe zwei Weinstöcke im Garten aber noch nie die Blätter verwertet :-)
    Herzliche Grüsse,
    Sabine

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    1. ich hab bis jetzt auch immer nur die Trauben verarbeitet - meine haben einen zarten Erdbeerduft und eignen sich super als Gelee!

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  4. Das ist ein so schönes Kompliment von deinem Mitkoch ... Dein Rezept klingt sehr fein und ich werd es ausprobieren (und dafür in den Weingarten meines Vaters stibitzen gehen ;-)) - bisher ging es mir ja mit den gefüllten Weinblättern genau wie dir - sie haben mich nicht wirklich angesprochen. Vielleicht jetzt?

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  5. ....und ich Depp habe seinerzeot nur Zierwein gepflanzt. Wie kann man nur....

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    1. Aber das kann man ja jederzeit ändern, oder nicht :-)?

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    2. Stimmt :-) Grade habe ich zwei Weinstöcke nach Hause geschleppt :-)

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  6. Das mit den Weinbergen ist ja heftig. Aber Deine Füllung gefällt mir :-P Brauch jetzt nur noch Weinblätter - mal schauen, welche Nachbarn sich auf einen nutritiven Tauschhandel einlassen.
    Lieben Gruß Sylvia

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    1. Tauschhandel mit Nachbarn gibt's hier bei uns auch - erst letztlich stand ein Küberl mit Kirschen vor meiner Haustür!

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  7. Wie gut, dass meine Eltern Wein im Garten haben, so muss ich nicht zur Diebin werden. Und gut, dass du mich erinnerst, ich habe noch einen ganzen Packen Blätter im TK. :-)

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    1. Hast du die Blätter vor dem Tiefkühlen blanchiert?

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    2. Jepp. :-) Bzw. meine Mutter.

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  8. Mmh. Bei mir fangen ja die Weinblätter/-reben jetzt direkt hinter meinem Garten an ;-)
    Mich einfach bedienen dort würde ich mich trotzdem nicht, da ist auch eine Große Gewächs Lage.

    Etwas ganz schlimmes hab ich vor zwei Jahren von der Angestellten eines sehr guten und bekannten Weinguts gehört:
    Durch eine deren allerbesten Lagen, was in dem Fall wirklich Weltklasse bedeutet, ist bei Nacht und Nebel jemand mit dem Vollernter gefahren :-( so eine Sauerei, die ganze Arbeit zunichte gemacht und bei der Ernteaktion ist es ja unmöglich, daraus einen guten Wein zu fabrizieren.

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    1. die Menschen werden immer dreister und unverfrorener: Einen ganzen Weinberg abernten ist schon ein starkes Stück!

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  9. Das klingt ja famos!

    Bin ja selbst ein halber Araber, ich liebe diese Speise. In unserem Raum wird das gewürzte Lamm durch die großen Löcher eines Fleischwolfes gedreht - nicht faschiert! - und im Verhältnis 3/1 mit nicht gekochtem Reis gemischt. Die Röllchen lässt man hernach in einer mit oben erwähnten Gewürzen (außer Kreuzkümmel) verfeinerten Lammhaxensuppe köcheln.

    Herrje, was hab ich für einen Hunger jetzt.

    Liebe Grüße wieder mal, A. aus Wien

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    1. Hallo A., nett wieder mal von dir zu hören, wann ist die nächste Friaul-Reise geplant :-))?

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  10. Ich Depp habe den Wein de Wilden Henne ausgegeizt und die Blätter entsorgt. Manchmal muss man mit der Nase auf sein Glück gestoßen werden,

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    1. hab ich ja leider auch mit meinem Weinstock gemacht :-( - aber es wächst ja wieder nach, gottseidank!

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  11. oh, Weinblätter habe ich ehrlich gesagt bisher immer als langweilig und unnötig als Speise empfunden
    aber deine Version klingt wieder ziemlich schmackhaft,

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  12. PS: zu den Dieben, muss man jetzt schon wirklich alles sichern - anstatt dass man fragt?

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  13. Bitu hat immer gerne seine Nachbarn die Weinblätter aus dem Gastgarten pflücken lassen. Bis man ihm mal alle Stöcke kahlgepflückt hat ...
    Gefüllte Weinblätter können furchtbar fad sein, es kommt halt auf die Fülle an. Ich mag sie gerne scharf und mit Minze.

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