Samstag, 25. Mai 2013

GOETHE UND ESTRAGON


Nach Urlaubreisen koche ich normalerweise gleich irgendwas, das ich unterwegs kennengelernt habe. Aber erstens fiel diesmal Hornhecht sowieso aus, weil ich den hier nirgends bekomme. Und zweitens hat mich bis jetzt die intensive Beschäftigung mit dem verletzten Kater davon abgehalten, Urlaubserinnerungen nachzukochen.

Wenn ich jetzt so an den Urlaub zurückdenke, fällt mir unter anderem das Essen im Weißen Schwan ein. Dieses Restaurant in Weimar war Goethes Lieblingslokal (wahrscheinlich, weil es fast neben seinem Wohnhaus liegt). Und dort aß er angeblich am liebsten Rindfleisch mit Frankfurter grüner Sauce.
Im Original müssen sich in dieser Sauce sieben Kräuter befinden, und zwar krause Petersilie, Borretsch, Kerbel, Sauerampfer, Pimpinelle, Schnittlauch und Kresse. Frankfurt hat der grünen Sauce sogar ein Denkmal gesetzt, das aus sieben kleinen Gebäuden in unterschiedlichen Grüntönen besteht!

Ich bin mir aber ganz sicher, dass ich im Weißen Schwan - wo "nach historischem Vorbild" gekocht wird - auch Estragon in der Sauce geschmeckt habe. Und wenn also sogar Goethe die grüne Sauce mit Estragon bevorzugt hat, gibt es keinen Grund für mich, das nicht auch so zu versuchen ...


Frankfurter grüne Sauce mit gekochtem Rindfleisch und heurigen Erdäpfeln

Krause Petersilie (K: glatte)
Pimpinelle
Borretsch
Kerbel
Kresse
Sauerampfer
Schnittlauch
K: zusätzlich Estragon
250 ml Sauerrahm
etwas scharfer Senf
ein Spritzer Zitronensaft
2 hartgekochte Eier, fein gehackt
Salz, Pfeffer

Für die Sauce die Kräuter ganz fein hacken und mit dem Sauerrahm kurz pürieren. Bei meinen Recherchen nach der echten Frankfurter grünen Sauce (man will sich ja als Auswärtige beim Erstversuch so weit wie möglich ans Original halten) bin ich erstens darauf gestoßen, dass es das eine echte Rezept nicht gibt. Und dass zweitens manche die Kräuter nur fein hacken, andere pürieren sie, und einige (Stephan Paul in seinem Buch "Monsieur, der Hummer und ich" hacken sie fein und pürieren sie dann kurz).

Die feingehackten harten Eier zugeben und mit Zitronensaft, Senf, Salz und Pfeffer abschmecken. Dazu gab es bei uns gekochtes Rindfleisch und heurige Erdäpfel, sowie einen Weißwein aus der Region Saale-Unstrut. Und zwar einen Riesling von Böhme aus dem Ort mit dem netten Namen Kirchscheidungen.

Für alle, die - so wie wir - keine Experten bei deutschen Weinen sind: Die Region Saale-Unstrut liegt nördlich von Weimar sozusagen ums Eck.

29 Kommentare:

  1. Die griii Sooß gab es bei mir letztens auch gerade, ich liebe sie!
    Fast genauso wie bei dir, auf gar keinen Fall darf bei mir Mayo rein, dafür ein bisschen Joghurt.
    Dazu gab es Pellkartoffeln und hartgekochte Eier, es war ganz schön lecker, zu Rindfleisch aber bestimmt auch himmlisch!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ich war schon richtig neugierig drauf, als ich sie in Weimar auf der Karte gesehen habe - ich glaube aber, dass man sich dort nicht so genau an die Original-Kräutermischung gehalten hat ;-)

      Löschen
    2. Bei uns kann man die komplette Kräutermischung beim Gemüsehändler kaufen, das find ich ausgesprochen praktisch :-)

      Löschen
  2. Ohhhh, grüne Sauce. Die liebe ich, die muss unbedingt auch mal wieder machen.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Für mich war's das erste Mal, wird es aber sicher öfter geben, die ist ja blitzschnell gemacht!

      Löschen
  3. Und das leckere gekochte Rind, war das Tafelspitz?
    Köstliche Sauce (ich hätte sie wahrscheinlich nach dem Pürieren noch durch ein Sieb gestrichen ;-)), ich sehe schon, ich muss noch ein Plätzchen in meinem Balkonkasten für Estragon reservieren...
    Wie geht's denn dem Kater? Kann er wieder humpeln?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Das Rind war ein weißes Scherzel - das letzte Stück Rindfleisch, das ich im Tiefkühler gefunden habe.
      Der Kater humpelt, nervt ziemlich, schimpft, ist lästig, und absolut kein Verfechter der Käfighaltung ;-)

      Löschen
    2. Der Begriff "Scherzl" ist mir schon mal untergekommen, aber ich habe wieder verdrängt, wie der bei uns heißt... weißt du das zufällig?
      Den Kater kann ich, besonders nach diesem regenreichen Wochenende, gut verstehen. Eingesperrt zu sein macht wirklich keinen Spaß. Aber wenn er schon wieder humpeln kann, scheint's bergauf zu gehen. Ich schiebe ihm ein virtuelles Leckerli rüber. :-)

      Löschen
    3. So schauts aus mit dem weißen Scherzel (hab ich gegoogelt): Andernorts wird das „Weiße Scherzel“ als „Schwanzrolle“, „Seemerrolle“ oder auch nur „Rolle“ (Deutschland), als „Runder Mocken“ (Schweiz“) oder als „Eye of round steak“ (USA) bezeichnet. Ich hoffe, das hilft :-)

      Löschen
    4. Sehr, danke! :-)

      Löschen
  4. Das hat jetzt zwar nichts mit deinem Post zu tun.. Dennoch herzlichen Glückwunsch :) http://queen-of-gugelhupf.blogspot.co.at/2013/05/best-blog-award-isnt-that-wonderful.html

    AntwortenLöschen
  5. Grüne Sauce ist etwas Wunderbares, für mich eines der typischen Frühlingsgerichte :-) Bei mir darf auch gerne etwas Estragon mit hinein.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. ja, Frühling :-(, wenn's doch nur Frühling wäre, es ist schon wieder sooo kalt!

      Löschen
  6. Grüne Sauce habe ich noch gar nie gegessen. Nachdem meine Kräuter hier eh ausufern, wäre das eine Gelegenheit.
    Wegen dir hab ich jetzt übrigens auch noch koreanischen Koriander. Hab die arme Frau Kuczera am Naschmarkt genervt, bis sie mir einen Topf voll besorgt hat.

    Schön, dass der Kater denkt, er ist wieder gesund. :)

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Und, hast du den Koriander schon probiert?

      Löschen
    2. Nur ein Blatt gekostet.
      Ich kenne den von meinem Lieblingskoreaner, aber ich wusste nicht, was das für ein Kraut ist. Dank dir kannte ich den nun und konnte mir ein Pflanzerl besorgen. Mal schauen, wie es gedeiht.

      Löschen
  7. Weimar ist wunderschön :) auf den Spuren von Goethe und Schiller hat mich Weimar auch kulinarisch begeistert. Tafelspitz und grüne Soße sind ein Gedicht. Einfach lecker! Nun kann ich mit deinem Rezept wieder in Erinnerungen schwelgen und werde es auf jeden Fall ausprobieren. Danke!

    Liebe Grüße,

    Semiha

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Semiha, ja, Weimar hat uns sehr gefallen, da möchte ich wieder mal hin fahren!

      Löschen
  8. Das Schönste an der "Grie Soß" ist die Farbe...grün. Ganz simpel, aber voll schön! Ich komme nicht ganz aus Frankfurt und ehrlich gesagt hat meine Mutter sie immer beim Metzger gekauft. Trotzdem kann ich bestätigen, dass es jeder anders macht. Habe Kollegen gefragt, die aus Frankfurt kommen und jeder macht andere Sachen rein, sei es Schmand oder saure Sahne, Jogurt oder sonstwas. Aber wie man so schön im Frankfurter Raum sagt, um keinen Stress zu kriegen: "Schmecke musses!".

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. freut mich, dass du es auch aus der Praxis bestätigst, dass es das eine Rezept dafür nicht gibt :-)!

      Löschen
  9. Lese seit kurzem mit und nach und freu mich sehr über den Blog!
    In die echte Frankfurter Gri Soss gehört aber definitiv kein Estragon, schlimm finde ich es aber keineswegs, denn erlaubt ist, was schmeckt. Ich bin in Frankfurt gross geworden, lebe aber seit 40 hm Jahren in Berlin und habe hier oft grosse Mühe, die Zutaten zu bekommen. Seit einiger Zeit gibt es aber bei Bio Lüske das Frankfurter Grüne Sossse Paket-- herrlich.
    Ich mache sie NIE mit Mayonaise, sondern mit Schmand und Joghurt und ( einen Teil meiner Kindheit habe ich auch in Österreich verbracht) mit etwas steirischem Kernöl. Keineswegs echt frankfurterisch also, aber es passt ganz wunderbar. Durchsieben würde ich sie nicht, mal ein etwas grösseres Blättlein mit intensiverem Geschmack finde ich reizvoll......
    Liebe Grüsse aus Berlin. Almuth

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Almuth,
      da bin ich ganz deiner Meinung, durchsieben ist nix. Kernöl klingt interessant, das liebe ich auch sehr, werde ich mal probieren. Trotzdem aber mit Estragon ;-), den mag ich einfach so gerne!
      Liebe Grüße von der Schabe

      Löschen
  10. Hallo Küchenschabe danke für die Antwort! Ich vergass, dass ich dazu nicht nur gerne Tafelspitz mache ( war ja Goethes Leibgericht) sondern mindestens genauso gerne langsam gargesottene Lammstelzen/...haxen/... Waden von der Heidschnucke in Brühe mit viel Wurzelwerk.....

    AntwortenLöschen
  11. Hallo, liebe Küchenschabe!
    Ich lese schon einige Zeit deinen tollen Blog. Weil du in der Einleitung den Hornhecht erwähnst und ich auch über deinen Urlaub an der Ostsee gelesen habe, muss ich dir antworten. Hornhecht steht schon länger auf meiner Wunsch-Kochliste. Am Freitag erhielt ich den Newsletter von Fisch-Gruber – und siehe da – es gibt frischen Hornhecht am Naschmarkt. Also habe ich gleich 2 Fische besorgt. Die sind gestern am Backblech unterm Grill gelandet – eine andere Zubereitungsart kam wegen Überlänge (ca. 75 cm) nicht in Frage. Zerteilen wollte ich sie nicht, um nicht die Fotos vom türkisen Skelett zu torpedieren. Ich weiß schon, dass du in Oberösterreich wohnst und der Naschmarkt weit weg ist, aber vielleicht hast eine Möglichkeit trotzdem zu den Fischen zu kommen. Fisch-Gruber hat auch einen Onlineshop, für den Hornhecht alleine wird sich das aber nicht rechnen, da sind die Versandkosten höher als der Kilopreis vom Fisch.
    Liebe Grüße aus Wien Irmi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Hallo Irmi,
      danke für die ausführliche Information. Wie hat er dir denn geschmeckt der Hornhecht? Schaut schon toll aus mit den türkisgrünen Gräten, oder :-)? Vor allem findet man die Einzelgräten viel leichter beim Essen ;-)
      Ich werd bei unserem Fischhändler einfach mal fragen, vielleicht ergibt sich ja was, danke auf jeden Fall für den Tipp!
      Liebe Grüße aus Oberösterreich
      die Küchenschabe

      Löschen
  12. Geschmeckt hat er uns sehr gut – ich habe ihn nur mit Kräutersalz, Zitrone und Öl auf dem Backblech gebraten. Zum Essen war er anfänglich etwas mühsam, wegen der Länge hat er nicht recht auf den Teller (eigentlich Sandwichplatte) gepasst. Ab der Hälfte hatten wir dann den Dreh raus – Fisch auf den Rücken, Mittelgräte raus und die Gabelgräten mit der Gabel in einem Durchzug aufsammeln. Beim nächsten Mal wird es einfacher, da wird er vorher in Stücke geteilt, die Fotos sind ja jetzt erledigt. Ja, das hat schon was Besonderes, die türkisen Gräten…
    Liebe Grüße Irmi

    AntwortenLöschen
  13. Sind da bei der Kräuterwahl die Proportionen einzelnen Kräutern wichtig?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich hab das nach Gefühl gemacht. Es ist sicher Geschmackssache, aber ungefähr gleich viel von jedem Kraut hab ich schon genommen, nur beim Estragon muss man aufpassen, der ist schon sehr intensiv!

      Löschen