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Freitag, 22. Mai 2015

ERSATZLOS

  " ... Als Ersatz verwenden Sie Sambuca, Marsala, Vin Santo, Amaretto, Kirschlikör ..." Diese und noch viel mehr eigenartige Vorschläge habe ich im Internet gefunden. Die Rede ist vom Ersatz für Alkermes. Das ist ein italienischer Kräuterlikör, dessen tiefrote Farbe ihn unverwechselbar macht. Alkermes ist die wichtigste Zutat für eines der bekanntesten italienischen Desserts: Zuppa inglese. Leider ist Alkermes in Österreich und Deutschland (Schweiz weiß ich nicht) sehr schwer zu finden. Und in italienischen Supermärkten gibt es auch meist nur Industrieklumpert, künstlich gefärbt, picksüß und sicher nicht mit Kräutern, sondern nur mit viel Chemie hergestellt. Das geht aber für Zuppa inglese in Wirklichkeit gar nicht!

Echter Alkermes ist einfach nicht zu ersetzen, oder das, was man aus dem Ersatz herstellt, ist keinesfalls eine Zuppa inglese sondern eine Notlösung - wirklich!


Viele, die Zuppa inglese nicht mögen, haben vielleicht noch nie eine mit richtigem, echtem Alkermes gekostet (es sei denn, sie mögen sie nicht, weil sie die gewisse Batzigkeit des Desserts nicht mögen, aber das ist dann eine andere Geschichte).

Mein Alkermes kommt aus der Klosterapotheke Santa Maria Novella in Florenz. Ein wunderschöner Laden, vollgestopft mit antikem Zeugs, Apparaturen und Gläsern. Außerdem kann man dort einiges an Kosmetik und Parfüms sowie den Lieblingshonig des Mitkochs (Corbezzolo, leicht bitter) und eine meiner Lieblingsseifen (Iris) kaufen. Gottseidank gibt es die Produkte von Santa Maria Novella auch in ausgewählten Geschäften außerhalb von Florenz (beispielsweise auch in London, aber hier eine Liste).

Beim Rezept für die Zuppa inglese halte ich mich nach einigen Versuchen an eine Mischung aus Ducasse (Creme, Sirup) und  Hazan (zusätzlich Schokolade) und fürs Biskuit ans Rezept meiner Oma ...


Zuppa inglese
für 6 Personen

Biskuit:
6 Eigelb
120 g Zucker
1 EL Vanillezucker
6 Eiweiß
70 g Zucker
100 g Weizenmehl glatt, Typ 480
100 g Maisstärke

Konditorcreme:
500 ml Milch
1 Tahiti-Vanilleschote
5 Eigelb
100 g Zucker
40 g Maisstärke
50 g Butter
2 EL Rum (K: Ron Metusalem, Gran Reserva)
50 g Bitterschokolade (K: Lindt)

Sirup:
200 ml Wasser
100 ml Alkermes
60 g Zucker

3 Eiweiß
50 g Zucker

Das Backrohr auf 200 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Eigelb mit Zucker und Vanillezucker hellschaumig rühren. Eiweiß mit Zucker zu steifem Schnee schlagen. Schnee vorsichtig mit der Eigelbmasse mischen. Mehl und Maisstärke auf die Masse sieben und vorsichtig unterheben. Die Masse gleichmäßig auf ein Backblech streichen und im vorgeheizten Backrohr etwa 20 Minuten goldbraun backen. Herausheben, etwas abkühlen lassen.

Nun kommt's drauf an, wie man die Zuppa Inglese servieren will: In vielen Rezepten werden Biskuit und Konditorcreme in eine große Form geschichtet und daraus werden zum Servieren einzelne Portionen herausgestochen. Da mir das nicht so gefällt, habe ich mich für Gläschen entschieden.

Abhängig vom Durchmesser dieser Gläschen sticht man also aus dem Biskuit Kreise aus. Zwei bis drei Stück pro Gläschen, je nachdem, wie hoch dieses ist (Bei mir waren es drei Biskuitkreise). Den übrig gebliebenen Biskuit kann man trocknen und dann zu Bröseln verarbeiten: Biskuitbrösel schmecken fantastisch zu Marillenknödeln, und bald ist ja Marillensaison ...

Für die Konditorcreme die Vanilleschote der Länge nach aufschneiden und das Mark auskratzen. Milch mit dem ausgekratzen Mark und der Vanilleschote aufkochen, dann vom Herd ziehen und etwa 20 Minuten ziehen lassen. Eigelb mit Zucker weißschaumig rühren. Maisstärke unterrühren. Die Vanilleschote aus der Milch fischen und die Milch neuerlich erhitzen. Etwas von der heißen Milch in die Eigelbmischung rühren. Dann die gesamte Mischung zur restlichen Milch gießen und erneut erhitzen. Etwa drei Minuten kochen, dabei ständig rühren. Sobald eine homogene Creme entsteht, vom Herd nehmen und auskühlen lassen, dann den Rum einrühren.
Schokolade schmelzen und mit etwa einem Drittel der Creme glatt rühren. 

Für den Sirup Wasser und Zucker aufkochen. Vom Herd nehmen und abkühlen lassen, dann den Alkermes zufügen. Die Biskuitkreise mit dem Alkermes-Sirup rundherum kräftig einpinseln. Die beiden Cremes nochmals glatt rühren. Den ersten Biskuitboden in das Glas legen. Vanillecreme darüberstreichen. Einen zweiten, getränkten Biskuitboden drauflegen, darauf Schokocreme. Den dritten Boden drauflegen, die restliche Vanillecreme drübergeben. Im Kühlschrank einige Stunden ziehen lassen.
Kurz vor dem Servieren Eiweiß mit Zucker zu steifem Schnee schlagen. In einen Spritzsack füllen und kleine Tupfen auf die Creme dressieren. Mit dem Bunsenbrenner leicht bräunen und dann sofort servieren.

Mittwoch, 13. Mai 2015

EINGEPACKT

Schon längere Zeit lag er mir mit dem Rezept von Arzak in den Ohren. Ich konnte ihm nach kurzem Überfliegen der Zutaten - ich mag keinen Mais - nicht recht viel abgewinnen und spielte auf Zeit: "Wird er schon wieder vergessen .."
Tat er aber nicht. So probierten Mitkoch und Küchenschabe nach der Rückkehr vom Friaul-Kurzurlaub letztendlich die Zucchinipäckchen mit einer Sauce aus Mais (Kukuruz sagt man bei uns). Ich skeptisch, er mit Begeisterung.
Und es ist zwar nicht so, dass ich mich nach dem Essen mit Kukuruz ausgesöhnt hätte (auf den Grill kommen mir die Kolben nach wie vor nicht), aber in dieser Form war er durchaus angenehm im Geschmack.

Auch das Formen der Päckchen war eine recht einfache Geschichte und so ist das Rezept für den heuer sicher wieder zu erwartenden Zucchiniüberschuss in vielen Gärten sehr zu empfehlen!
Vor allem auch deshalb, weil dafür die Zucchini schon ein bisserl größer sein dürfen. Aber nur ein bisserl - die riesigen Keulen, die in manchen Gärten herumliegen mag ich nach wie vor gar nicht. Überhaupt sind mir die ganz wutzikleinen, zarten die allerliebsten - wie gesagt, mit dieser einen Ausnahme.

Gefüllte Zucchinipäckchen mit Orangen-Mais-Sauce
für 4 Personen als Vorspeise, für 2 als Hauptspeise

200 g Kalbfleisch, faschiert
150 g mageres Schweinefleisch, faschiert
4 Frühlingszwiebeln
150 g Pilze, gehackt (K: frische Maipilze aus dem Garten, Champignons gehen genauso gut)
Butter
2 Knoblauchzehen
50 g geschälte, ungesalzene Pistazien, gehackt
3 große Zucchini, möglichst lang
50 ml Olivenöl
3 EL Crème fraîche
einige Blätter Basilikum, grob gehackt
Salz, Pfeffer

6 EL Maiskeimöl
50 g gekochte Maiskörner (K: aus der Dose)
1 EL knusprig frittierte Maiskörner (K: aus der Dose)
4 EL Orangensaft

nach einem Rezept von Juan Mari Arzak


Die Jungzwiebeln fein hacken und in einer Pfanne mit dem erhitzten Öl (von dem man vorher zwei Esslöffel abnimmt) leicht Farbe nehmen lassen. Dann das faschierte Fleisch dazugeben und gut durchbraten. Mit Salz und Pfeffer würzen. In einer anderen Pfanne die Pilze mit dem Knoblauch in etwas Butter anbraten, bis ein Großteil des Wassers verdunstet ist. Dann zum Fleisch geben und die Pistazien sowie die Basilikumblätter und die Crème fraîche unterrühren und gut vermischen. Alles etwas abkühlen lassen.

Die Zucchini längs in möglichst dünne, aber doch noch stabile Streifen schneiden (Ich hab das mit der Brotschneidemaschine erledigt). Jeweils zwei Streifen gekreuzt übereinander legen. Auf den Kreuzungspunkt einen guten Esslöffel der Fülle setzen. Dann die Zucchinistreifen so über die Fülle und unter den anderen Streifen falten, dass ein kleines Päckchen entsteht. Die Päckchen in heißem Öl auf beiden Seiten jeweils zwei bis drei Minuten anbraten. Dabei sollte die Seite mit den losen Enden zuerst angebraten werden, damit das Päckchen besser zusammenhält.
Zwischenzeitlich schnell die Maissauce zubereiten: Die gekochten Maiskörner, das Öl und den Orangensaft mit dem Stabmixer zu einer glatten Sauce mixen. Diese unter Rühren erwärmen, sodass sie beim Servieren mindestens lauwarm ist.

Die gefüllten Zucchini mit der Sauce und den frittierten Maiskörnern anrichten. Die Zucchinipäckchen haben auch am nächsten Tag kalt noch wunderbar geschmeckt!

Mehr Zucchini bei der Küchenschabe:
Zucchini knusprig, mit Parmesan, Petersilie und Minze
Zucchini-Tomaten-Mozzarella-Tarte mit Fenchel-Chili-Salsa
Zucchinirelish
Zucchinisalat, gegrillt, mit Tomaten 
Salat mit grüner Papaya


Mittwoch, 6. Mai 2015

SITUATIONSELASTISCHES GEMÜSE ZUM REBHUHN

Mit mir ist es teilweise ein richtiges Gfrett auf Reisen: Ich kaufe immer und überall Lebensmittel ein, der Mittkoch schafft es nur sehr selten, mich zu bremsen. In unserer Speisekammer stapelt sich dann das alles und wird nur gerettet, wenn ich wieder mal Inventur mache.

Dabei esse ich beispielsweise Linsen unheimlich gerne (mindestens genauso gerne wie ich sie kaufe, derzeit vier große Packungen im Regal) - im Curry, im Dal, im Salat, als Gemüse - ganz egal. Diesmal hab ich sie mit frischen Feldgurken kombiniert, gewürzt mit Chili, Safran, Zitronensaft und Sternanis, und als Gemüsebeilage zu knusprig gebratenen Rebhühnern serviert: Das Erdige der Linsen harmoniert sehr gut mit dem Frischen, Knackigen der Feldgurken, die ja  - geschmacksmäßig gesprochen - ein sehr situationselastisches* Gemüse sind.

Rebhuhn mit Gurken-Linsen-Gemüse
für 2 Personen

2 Rebhühner
Salz und Pfeffer
Butterschmalz
etwas Weißwein

2 kleinere Feldgurken
150 g Linsen (K: Castelluccio)
Hühnersuppe
Butter
250 ml Schlagobers
Saft von 1/2  - 1 Zitrone
1 kräftige Prise Safran, mit ein paar Zuckerkristallen fein gemörsert
1/2 TL Chiliflocken
Salz
1 Stück Sternanis
1 Bund Koriander, grob gehackt


Die Rebhühner zerteilen, für dieses Gericht habe ich Haxerl und Brüste verwendet. Flügerln und Karkasse darf man keinesfalls wegwerfen. Daraus kann man mit Speckstreiferln, Lorbeerblatt, Karotten, Portwein und Rotwein einen wunderbaren Fond kochen (den ich eingefroren habe, für dieses Gericht hätte er für mich nicht so gepasst).

Die Linsen mit kaltem Wasser abspülen und dann in einer leichten Hühnersuppe weich kochen. Das dauert etwa 30 bis 40 Minuten. Danach abgießen. Währenddessen die Gurken schälen, halbieren, die Kerne entfernen und die Grkenhälften in Würfel schneiden. In etwas Butter anschwitzen. Mit Chili und Safran würzen, Zitronensaft und Schlagobers zugießen, Sternanis hineingeben, salzen und alles bei kleiner Hitze köcheln. Es kann durchaus etwas überwürzt schmecken, jetzt die Linsen dazugeben, die korrigieren das alles - sehr wahrscheinlich muss sogar nachgewürzt werden.

Die Rebhuhnteile salzen und pfeffern und in Butterschmalz scharf anbraten. Die Brüste höchstens zwei Minuten auf jeder Seite, die Haxerl jeweils eine Minuten länger. Auf einen vorgewärmten Teller legen. Den Bratenrückstand mit etwas Weißwein lösen und zum Gemüse geben. Zusammen mit dem gehackten Koriander gut unterrühren und mit dem Rebhuhn servieren.

* das Wort "situationselastisch" ist ein wunderbares Beispiel für ein euphemistisches Kunstwort und eine Schöpfung des österreichischen Verteidigungsministers Gerald Klug. Er erklärte damit das mögliche Fernbleiben von Kanzler und Vizekanzler bei künftigen Pressefoyers. Es schaffte es souverän zum Wort des Jahres 2014.

Mehr Linsen bei der Küchenschabe:

Lammkoteletts mit Dal, Chapati und Minze-Koriander-Sauce
Wildhasenfilet in Speck, mit Quittenpüree und Castelluccio-Linsen
Linsen-Sellerie-Salat mit Haselnüssen
Walnuss-Linsen-Wahnsinn
Schalottenmousse, Linsen mit Asperum, Bresaola
Knuspriger Schweinsbauch mit Linsen und Quittenpüree
Kaninchen mit Linsen, Rosinen und Salbei
Arabischer Linsensalat
Linsencurry mit Gurke, Joghurt und Koriander


Freitag, 1. Mai 2015

APFELBAUM UND KNÖDELHEMD


Ab und zu muss es auch im Küchenschaben-Haushalt was Traditionelles geben, etwas das "immer schon" so gekocht wurde. Etwas das also immer gut ankommt. Etwa Rahmfleisch, Schweinsbraten oder Gselchtes mit Grießknödeln. Oder eben - ganz unkompliziert - Schwein im Knödelhemd. Das ist ein sehr praktisches Familienessen: Weil die Beilage quasi gleich rund ums Schwein gewickelt wird, weil es sich fast von allein kocht, weil man ins Knödelhemd mischen kann, worauf man Lust hat, etwa verschiedenste Kräuter, Schwammerl oder Pignoli. Und vor allem: Weil es bei jedem in der Familie beliebt ist! Das Grundrezept kann man problemlos verdoppeln, diese Menge passt immer noch bequem in eine Bratenform.
Danach vielleicht noch ein Tiramisú und alle sind hochzufrieden ...

Fotos davon gibt's nur wenige, aber das kann sicher jeder verstehen: Bei Familienessen, da wuselt immer jemand durch die Küche, immer will irgendwer mir irgendwas erzählen, da bleibt wenig Zeit zum entspannten Fotografieren.
Als Ausgleich biete ich ein paar Fotos von unserem alten Klarapfelbaum an: Der blüht heuer so schön und üppig, dass ich ihn unbedingt herzeigen will!


Schweinsfilet im Knödelhemd
für 4 Personen

600 g Schweinslungenbraten (2 etwa gleich große Stücke)
100 g Schinkenspeck
Salz, Pfeffer
Butterschmalz
Butterflocken und etwas flüssige Butter
Schweinsnetz in passender Größe

200 g Knödelbrot
1 Zwiebel, fein gehackt
2 EL Butter
1 Bund gehackte Petersilie und Kerbel
50 g geröstete Pignoli
2 Knoblauchzehen, gehackt
2 Eier
etwas geriebene Muskatnuss
ca. 150 ml Milch
Butter
ca. 400 ml Hühnersuppe
ca. 200 ml Weißwein (K: GV)
Salz

Das Schweinsnetz einige Stunden in kaltem Wasser wässern, das Wasser immer wieder wechseln.
In einer Pfanne Butter erhitzen, Zwiebel und Knoblauch anschwitzen. Diese Mischung mit Milch, Eiern, Salz, Petersilie und Kerbel, Pinienkernen, Muskatnuss und Knödelbrot vermengen und mindestens zehn Minuten ziehen lassen.
Schweinsfilets salzen und pfeffern. In einer Pfanne Butterschmalz erhitzen und das Fleisch rundherum scharf anbraten, dann abkühlen lassen. Mit Speckstreifen umwickeln.

Das Backrohr auf 200 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. Das Schweinsnetz ausbreiten und auf passende Größe zuschneiden, also so groß, dass man das Filet samt Knödelmasse bequem darin einrollen kann. Die Knödelmasse auf etwa ein Drittel der Fläche aufstreichen, das Fleisch drauflegen. Mit feuchten Händen im Netz einrollen. Dabei darauf achten, dass das Fleisch rundherum von Knödelmasse umgeben ist, und dass das Schweinsnetz nur außen ist, und nicht nach innen mit eingerollt wird - denn das Netz soll beim Braten knusprig werden.





In eine Auflauffform legen, mit Butterflocken belegen, etwas Suppe und Weißwein dazugießen und im vorgeheizten Backrohr etwa 30 bis 40 Minuten braten. Ab und zu mit flüssiger Butter einpinseln. Immer genau darauf achten, dass genügend Flüssigkeit in der Form ist, und eventuell noch etwas mehr Suppe dazugießen - erfahrungsgemäß gibt es beim Essen immer ein ziemliches Griss um das Safterl ...
Aus dem Form nehmen und in etwa zwei Zentimeter breite Stücke schneiden. Mit Bratensafterl und einem grünen Salat servieren.