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Sonntag, 30. November 2014

MEHR ALS DAS TÜPFELCHEN AUF DEM i

Kaum ein Gewürz ist so von der Industrie vereinnahmt worden wie die Vanille. In meiner Kindheit war der Vanilleduft der Duft von Weihnachten und etwas ganz Besonderes (vor allem auf Vanillekipferln!). Heute riechen alle möglichen Produkte, von der Kerze bis zum Schaumbad nach synthetischer Vanille - es ist oft zum Davonlaufen. Wenn mir beim Betreten eines Ladens dieser aufdringliche Duft entgegenschlägt, dann hab ich schon genug und gehe meist schnell wieder.

Dabei mag ich Vanille wirklich gerne. Allerdings nicht das ganze künstliche Zeugs, sondern Vanilleschoten. Und da bin ich ganz vernarrt in Tahitivanille. Die riecht fruchtiger, dezenter und weicher als alle anderen Sorten. Mit ihren "gebrauchten" Schoten aromatisiere ich das ganze Jahr feinen Zucker (Salz allerdings auch - ist toll auf Salaten). Dieser Zucker tut dann den weihnachtlichen Vanillekipferln sehr gut. Bei jedem Besuch in Wien kaufe ich einen kleinen Vorrat, ist der zu Ende, ist es Zeit für den nächsten Ausflug in die Großstadt.

Ganz oben die Tahiti-Vanille, darunter eine mexikanische Vanille und ganz unten eine Bourbon-Vanille


Und so wie der Zimt im Lauf der Jahre seinen Weg vom Gewürz für Süßspeisen hin zu Currys und Fleischgerichten gefunden hat, so geht es derzeit auch der Vanille hier im Küchenschaben-Haushalt. Sie schleicht sich in das eine und andere Fischgericht, und gestern hat sie sich zum ersten Mal an Lammfleisch rangemacht.
Es war einfach toll - der fruchtige Geschmack der Tahiti-Vanille in der würzigen Sauce - dazu das Püree mit einem leicht säuerlich-scharfen Touch und die knusprigen Schalotten - rundherum perfekt im Geschmack.

Lammhaxe mit Vanille, Pastinaken-Apfel-Püree und knusprigen Schalotten
für 2 Personen (nach Tanja Grandits)

2 kleine Lammhaxen, á ca. 200 g
Olivenöl
1 kleine Zwiebel, grob gewürfelt
1 kleine Karotte, grob gewürfelt
1/2 Stk. kleiner Knollensellerie, grob gewürfelt
1 Knoblauchzehe, zerquetscht
1 EL Tomatenmark
140 ml Rotwein
1 l Hühnersuppe
1 Tahiti-Vanilleschote, längs aufgeschnitten, Mark herausgekratzt
2 Zweigerl Steinpilzthymian
Salz
Pfeffer (K: Kampot)

130 g Pastinaken, geschält, holzige Mitte entfernt, gewürfelt
130 g Erdäpfel, geschält und gewürfelt
130 g Apfel (Rubinette), geschält, entkernt und gewürfelt
50 g Butter
4 EL Apfelsaft
100 ml Schlagobers
1 Messerspitze Chilipulver
Salz

2 Schalotten, in feine Ringe geschnitten
1 EL Maisstärke
1 Messerspitze Kurkuma
1 Messerspitze Chilipulver
Pflanzenöl zum Braten

Die Lammhaxen salzen und pfeffern. Das Backrohr auf 190 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen. In einem ofenfesten Bräter etwas Olivenöl erhitzen und das Fleisch rundherum kräftig anbraten. Herausnehmen und auf einen Teller legen. Im Bratenrückstand Zwiebel, Karotte, Sellerie und Knoblauch anrösten. Tomatenmark einrühren, mit Rotwein aufgießen und einkochen, bis fast keine Flüssigkeit mehr im Topf ist. Mit der Suppe aufgießen, Thymian, Vanillemark und Vanilleschote dazugeben. Zehn Minuten kräftig köcheln lassen. Mit Salz und Pfeffer abschmecken. Die Lammhaxen wieder hineinlegen.

Zugedeckt im Backrohr etwa eine Stunde schmoren lassen. Dann den Deckel abnehmen, die Lammhaxen umdrehen, den Ofen ausschalten und das Fleisch noch etwa eine halbe Stunde ziehen lassen. Thymianzweigerl und Vanilleschote rausfischen, die Sauce durch ein Sieb passieren und mit dem Fleisch im Ofen bis zum Servieren rasten lassen.

Pastinaken und Erdäpfel in Salzwasser weich kochen, Wasser abgießen, ausdampfen lassen.
Die Hälfte der Butter in einem Pfännchen zerlassen, die Apfelstücken kurz andünsten, mit Apfelsaft aufgießen und einige Minuten zugedeckt weichdünsten.
Mit den Pastinaken und den Erdäpfeln zu einem Püree zerstampfen. Die restliche Butter, das Schlagobers und das Chilipulver zufügen und mit Salz abschmecken.

In einer Pfanne reichlich Pflanzenöl erhitzen. Mehl mit Gewürzen mischen und die Schalottenringerl darin wutzeln. Im heißen Öl hellbraun braten und auf Küchenpapier entfetten.

Die Lammhaxen jeweils auf einem Teller auf einem Klecks Püree anrichten, die Sauce rundherum gießen und mit den Schalottenringerln bestreuen.



Sonntag, 23. November 2014

WE DID IT AGAIN ...

Am Regent's Canal in Islington
Jawohl - Mitkoch und Küchenschabe waren wieder in London. Wir können einfach nicht anders. Einmal im Jahr zieht es uns dort hin. Diesmal haben wir in Islington gewohnt. Islington ist ein netter Stadtteil im Nordosten der Stadt mit vielen kleinen Läden und Pubs, einem täglichen Markt (Chapel Market), einem ruhigen Kanal mit Hausbooten, wo es sich wunderbar herumschlendern lässt und einer guten U-Bahn-Anbindung an die Innenstadt.

Pub Coach and Horses in der Bruton Street
Wir haben sehr gut gegessen, uns in vielen Pubs rumgetrieben (ich war zu Fuß diesmal ja noch nicht so mobil, wie ich gerne gewesen wäre), sind sehr viel Bus und U-Bahn gefahren und haben wieder mal viel zu viel eingekauft. Die Gegend rund um Oxford Street, Regent Street und Picadilly haben wir nur kurz besucht, dort herrscht schon der absolute Vorweihnachtseinkaufswahnsinn - inklusive bombastischer Weihnachtsbeleuchtung. Viel lieber waren wir in der Nähe der Brick Lane, beim Spitalsfield Market und in Peckham.

Brick Lane auf Höhe der Truman Brewery

In Peckham
Ganz unten eine Menge Links, bei drei Restaurants konnte ich mich auch noch dran erinnern, was wir gegessen haben ...

Selfridges mit Weihnachtsdeko

Regent Street


Schaufenster bei Fortnum & Mason


St. John Bread and Wine:
Pressed Pig's Ear, Ham and Celeriac
Pig' Head Stew
Lamb's Tongue, Hispi & Green Sauce
Quail and Cox Jelly

Thai Patara:
Tuna tartare: Thin slices of raw tuna in spicy lemongrass and mint vinaigrette
Yum mamuang poonim: Green mango salad with crispy Thai soft-shell crab
Pla hima tod: Grilled black cod, accented with savoury ginger and pickled yellow bean sauce
Gang phed ped yang: Grilled slices of duck breast in red curry with Thai lychees and cherry tomatoes

Casa Moro:
Chopped salmon ceviche with harissa, fennel salad and crispbread
Salt cod croquetas with tomatoe and piquillo pepper sauce and alioli
Wood roasted pork with nutmeg and clementine sauce, slow cooked chickpeas and roast pumpkin
Wood roasted duck with quince and Jerusalem artichoke and almond pilav, yoghurt and crispbread

Yipin China - Hunanese Restaurant
Bar Shu - Sichuan Restaurant
Byron - Proper Hamburgers
Imli Street - moderne, indische Küche
Refreshment Rooms - Restaurant in Peckham (mit Kernel-Bier!)
Antidote Weinbar
Euphorium Bakery - Bäckerei mit gutem Frühstück (mit Locations in ganz London)

Gewohnt haben wir diesmal im Hilton, Islington.

St. John Bread and Wine

St. John Bread and Wine

Zweites Frühstück in Peckham in den Refreshment Rooms, Eier mit Speck und ...

... natürlich Kernel Bier. Hier eine nette Geschichte über die Jungbrauer


Sonntag, 9. November 2014

QUITTE WÄRE BESSER

Besser als Mispel. Aber das wusste ich vor zwanzig Jahren noch nicht. Damals war ich begeistert von seltenen Zierpflanzen und alten Obstsorten. Jedenfalls hatte ich mir eine Mispel (Mespilus germanica) in den Kopf gesetzt. "Alte Kultursorte, fast vergessen", das genügte schon für mich. Und ich habe sie, quasi als Hausbaum, direkt neben den Eingang gepflanzt.

Seitdem ist der Herbst bei uns eine gefährliche Jahreszeit. Täglich (und nächtlich) fallen die reifen Früchte runter und verwandeln den morgendlichen Weg zur Arbeit in eine Rutschpartie. Das Schlimmste an der Sache ist, dass ich die Früchte gar nicht mag. Ich habe jede Menge Rezepte und Zubereitungsarten probiert und jetzt muss ich es mir selbst endlich eingestehen: Ich mag sie nicht. Weder als Gelee oder Marmelade noch im Kuchen. Ich mag nicht mal den Geruch der gekochen Früchte (sieht nicht gut aus für den Baum ...).

Hätte ich doch eine Quitte gepflanzt. Denn die mag ich, nein ich liebe sie. Allein schon der Duft, den die reifen Früchte verströmen. Und das Quittengelee. Oder Quittensirup. Und das Quittenbrot, in Spanien Membrillo genannt. Wunderbar zu Käse, oder als Konfekt in kleine Stückchen geschnitten, vielleicht mit Schokolade überzogen. Dieses Jahr gibts Quittengelee und Membrillo. Membrillo auch deshalb, weil man ihn aus den Resten des Quittengelees herstellt.

Quittengelee

reife Quitten (ich hab etwa 3 Kilo genommen)
Zitronensaft
Zucker (kein Gelierzucker!)

Die Quitten gründlich abrubbeln, um den sympathischen, weichen Flaum von ihrer Oberfläche zu entfernen. Vierteln und das Kerngehäuse gründlich entfernen. Schälen ist unnötig. Die Quitten in einen Topf geben, mit Wasser bedecken und mindestens zwei Stunden kochen. Im Topf abkühlen lassen. Ein Sieb mit einem Mulltuch auslegen und alles hineinleeren. Zugedeckt über Nacht abtropfen lassen, aber nicht nachhelfen, sonst wird das Gelee trüb.

Am nächsten Tag den abgetropften Saft mit Zucker und Zitronensaft versetzen (Pro Liter Saft nehme ich 800 Gramm Zucker und den Saft einer Zitrone). Diese Mischung aufkochen und köcheln, bis sie geliert (Gelierprobe: ein Tropfen Saft auf einen kalten Teller getropft, sollte sofort gelieren). Das kann schon eine halbe Stunde oder länger dauern. In Gläser füllen, verschließen - Gläser für zehn Minuten auf den Kopf stellen, wieder umdrehen, fertig.

Quittenbrot - Membrillo

Die übrig gebliebenen, festen Bestandteile der Geleeproduktion werden mit einem Stabmixer püriert und mit der gleichen Menge Zucker etwa drei Stunden lang auf kleiner Flamme gekocht. Dabei sollte man öfter mal umrühren, die Masse legt sich leicht am Topfboden an. Sie ist fertig, wenn sie eine schöne, dunkelrote Farbe angenommen hat.

Nach dem Abkühlen streicht man sie auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech, etwa einen Zentimeter hoch. Man erwärmt das Backrohr auf 80 Grad und lässt die Quitte darin etwa zwei bis drei Stunden trocknen. Danach lässt sich die Masse wenden. Ich lasse sie noch einen Tag in der Küche stehen - dann ist sie ausreichend getrocknet. Einen Teil schneide ich in Würferl und überziehe ihn mit Schokolade, der andere Teil wird in größere Stücke geschnitten und in Backpapier verpackt. Hält sich im Kühlschrank (wenn nicht zu oft davon genascht wird) einige Wochen und bereichert jeden Käsegang.

Die Quittenrezepte widme ich Julia, weil sie erstens Quitten gerne mag und weil sie mir zweitens sehr geduldig geholfen hat, wieder auf die Beine zu kommen!


Montag, 3. November 2014

DIE FLESSERL-FRAGE

Ein Gebäck, noch österreichischer als Semmerl sind für mich Mohnflesserl. Weil die nämlich oberösterreichisch sind! In Wien weitgehend unbekannt. Zumindest noch vor etwa zehn Jahren. Da wollte ich dort welche kaufen und erntete nur verständnislose Blicke. Inzwischen hat sich - durch "unseren" (oberösterreichischen) Bäcker Gragger die Situation angeblich leicht verbessert.

Und dann gibt's bei diesen Flesserln noch ein ganz wichtiges Detail zu klären: Mag man lieber Mohn-Flesserl oder Salz-Mohn-Flesserl. Ich kenne Menschen, die fluchend das Salz vom Gebäck kratzten, weil sie nach dem Einkauf im Sackerl Salz-Mohn-Flesserl statt Mohn-Flesserl vorfanden. Zum Glück sind der Mitkoch und ich uns da einig: Salz-Mohn-Flesserl, mit frischer Butter - ein echter Genuss, für den ich viel gebe!

Aber nur, wenn die Flesserl gut sind, was leider immer seltener der Fall ist. Meist bekommt man aufgeblasene Dinger, die nach nix (na ja, vielleicht gerade noch ein bisserl nach Mohn) schmecken. Also selber machen. Ist eh höchste Zeit dafür, schließlich bin ich die Tochter eines gelernten Bäckers!

Zum Üben der Technik habe ich ein altes Seil zweckentfremdet und nach zwei, drei Versuchen klappte es schon ganz gut. Das Flesserl hat ungefähr 70 Gramm, ist wesentlich kleiner als die handelsüblichen Flesserl und schmeckt wirklich unglaublich gut. Wir haben das erste noch ofenwarm mit kalter Butter verputzt und waren begeistert!

Mohn-Flesserl oder Salz-Mohn-Flesserl
14 Stück, jedes etwa 70 Gramm schwer

600 g Weizenmehl glatt, Typ 480
10 g Malzmehl (Backmalz, hat mir Petra mal geschickt, danke!)
15 g Salz
15 g frischer Germ
10 g ganz weiche Butter
100 g lauwarme Milch
230 g lauwarmes Wasser
Mohn
für Salz-Mohn-Flesserl: grobes Salz

Milch und Wasser mischen und den Germ darin auflösen. Alle Zutaten zu einem glatten Teig verkneten und mindestens eine Stunde bei Zimmertemperatur rasten lassen. In 15 ungefähr gleich große Teile teilen. Daraus Kugerl und dann nach und nach Stränge formen. Zwischendurch immer wieder ein bisserl rasten lassen, dann geht das viel leichter, weil sich der Teig dann entspannen kann. Die Stränge sollten eine Länge von etwa 40 Zentimeter haben. Jetzt so wie hier gezeigt formen:



Also zuerst eine Schlinge formen (1. Bild), diese einmal umschlagen (2. Bild). Das rechte Ende durchfädeln, sodass es nun links liegt (3. Bild). Die oben liegende, kleine Schlinge noch einmal umschlagen. Das lose, rechte Ende von oben durchstecken und verschwinden lassen. Wenn man es richtig gemacht hat, hat man ein Flesserl mit einem kleinen Zipfelchen (das Beste und Knusprigste am ganzen Flesserl!) an dem einen und einem Baucherl am anderen Ende (Hier sieht man es auch ganz gut).

Die Flesserl zugedeckt gehen lassen, bis sie sich deutlich vergrößert haben. Das Backrohr auf 240 Grad Ober-/Unterhitze vorheizen und ein Gefäß mit heißem Wasser auf den Boden des Backrohrs stellen. Die Flesserl mit kaltem Wasser bestreichen, mit viel Mohn (und grobem Salz) bestreuen.
Etwa 15 Minuten backen, etwas abkühlen lassen und das erste Flesserl gleich lauwarm mit eiskalter Butter verputzen - ein Gedicht!