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Sonntag, 9. Dezember 2012

OHNE NETZ

Das war vielleicht ein Fiasko - mein erster Falsumagru-Versuch vor einigen Jahren! Ich hatte Gäste eingeladen, die saßen fröhlich plaudernd im Wohnzimmer während ich in der Küche nahe der Verzweiflung war. Und niemand sollte merken, dass da gerade Panik herrschte. Also lotse ich unauffällig den Mitkoch in die Küche, machte immer wieder einen Abstecher ins Wohnzimmer, wo ich locker ein paar Sätze mit den Gästen wechselte. Zwischendurch versuchten wir, den Braten zu retten.

Was war passiert? Die überaus schlaue Küchenschabe hatte entschieden, die Anleitung zum Zusammenbinden des gefüllten Bratens zu ignorieren. Falsumagru ist ein sizilianischer Braten. Dabei wird eine große Scheibe Kalbsschnitzelfleisch vorsichtig noch etwas größer geklopft, mit gekochten Eier, Kräutern, Parmesan, Speck und Wurstbrät gefüllt und mit Küchengarn wie ein Paket ordentlich verschnürt.

Meiner Meinung nach jedoch war Schweinsnetz viel besser - da hätte man dann nach dem Braten nicht rundherum die lästige Schnur wegschneiden müssen. Und außerdem wäre der Braten außen schön knusprig. Nach der halben Bratzeit im Backrohr riss das Schweinsnetz und die ganze Füllung verteilte sich gleichmäßig im Bräter und mischte sich mit dem Bratensaft.

Was ich uns zugute halten muss ist, dass wir es schafften, den Braten aus dem Rohr zu holen, die Fülle wieder ordentlich zu arrangieren und alles mit Küchengarn zusammenzubinden, ohne dass die Gäste irgendwas merkten. 


Falsumagru
für 4 - 6 Personen

ca. 600 g Kalbsschnitzelfleisch, etwa 1 cm dick und rechteckig geschnitten
100 g faschiertes Rindfleisch
2 rohe Schweinsbratwürstl, ohne Haut, zerzupft
1 große, rote Zwiebel, fein gehackt
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
Olivenöl
Salz
Pfeffer, frisch gemahlen
2 - 3 hartgekochte Eier, geschält
einige Scheiben Bauchspeck
ca. 100 g Caciocavallo oder Parmesan, in dünne Scheiben gehobelt
ca. 3/8 l herber Rotwein (K: Cabernet Franc)
ca. 3/4 l Suppe
eine Handvoll Kräuter (z. B. Fenchelgrün, Salbei und Petersilie)

Olivenöl erhitzen. Zwiebel und Knoblauch glasig werden lassen. Faschiertes Rindfleisch und Wurstbrät beigeben und durchdämpfen. Salzen und pfeffern. Etwas auskühlen lassen.
Das Fleisch auf der Arbeitsfläche auflegen, noch etwas größer und dünner klopfen, salzen und pfeffern. Mit Speckscheiben belegen. Dann die Fleischmischung gleichmäßig darauf verteilen. Käsescheiben auflegen, ebenso die gehackten Kräuter. Jetzt die hartgekochten Eier platzieren und alles zu einer Rolle formen. Mit Küchengarn (!) gut verschnüren.

In heißem Olivenöl anbraten, mit dem Rotwein ablöschen und etwas einkochen lassen. Dann den Braten in einen Schmortopf legen, den restlichen Rotwein und die Suppe dazuleeren. Im vorgeheizten Backrohr bei 200 Grad ohne Deckel ungefähr eine Stunde schmoren lassen. Zwischendurch immer wieder übergießen, damit das Fleisch nicht austrocknet. Bei Bedarf noch etwas Suppe und Wein zugießen. Dazu passen Nudeln, Gnocchi, Kartoffeln, Reis oder einfach nur Weißbrot und Salat.

Falsomagro, Falsumagru oder Farsu magru: das heißt "scheinbar schlank", was sich auf die durchaus etwas üppige Fülle des Bratens bezieht. Rezepte dafür gibt es natürlich viele, so wird bei manchen Rindfleisch statt Kalbfleisch verwendet. Und auch für die Füllung gibt es unzählige Variationen, hartgekochte Eier sind immer dabei. Robert hat eine ähnliche Version hier anzubieten. Wir haben dazu natürlich einen sizilianischen Wein getrunken - einen Nero d´Avola "Zisola" 2009 vom Weingut Mazzei in Noto.  

13 Kommentare:

  1. Genau da zeigt sich die gute Köchin, wenn man das Fiasko noch zu einem glücklichen Ende bringt.

    Dein fast schlankes Essen macht sich gerade so als Weihnachtsessen in meinem Kopf breit...

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    1. Das wäre schon praktisch als Weihnachtsessen - kann man schön vorbereiten!

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  2. beinahe artistisch, diese Füllung wieder zurecht zu büscheln.

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    1. Ja, wir waren auch ziemlich stolz auf unsere Zurechtbüschelarbeit :-). Den Gästen haben wir es dann nach ein paar Wochen erzählt ...

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  3. Mein erster Farsumagru ist dank Schwesterherzens Knüpftechnik nicht geplatzt, aber leicht versalzen war er. Gewürztes Brät + gereifter Pecorino + Fleisch kräftig gesalzen war leider etwas zu viel des Guten. Der salzarme Kartoffelstock hat dafür wunderbar gepasst.

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    1. Ja, wir hatten diesmal auch Kartoffeln dazu, das passt ganz ausgezeichnet. Sie waren schön mehlig, das ist gut zum Auftunken der Sauce.

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  4. Erinnert mich an den Stefaniebraten meiner Mutter, mit dem ganzen Ei in der Fülle.

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    1. Ja, Mühlviertel und Sizilien sind sich ähnlicher als man denkt :-)

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  5. Kenn ich - da denkt man, man sei schlauer als alle andern... und dann geht's schief und man muss basteln und improvisieren, um noch zu retten, was zu retten ist.
    Aber der Mensch ist ja lernfähig ;-)

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    1. Ja, gottseidank ist er lernfähig (meistens jedenfalls) ;-)

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  6. Du glaubst gar nicht, wie ich jetzt beim Lesen mitgefiebert habe...
    Ich war kurz davor die Fülle irgendwie in Fasson zu bringen. Das ist wirklich nervenzerfetzend, und deshalb gibt's bei mir am Sonntag was Geschmortes :-)

    Das mit dem Ei gefällt mir sehr gut, so einen Braten kannte ich noch gar nicht. Mir ist im Kopf nur Dorowat, ein äthiopisches würziges Hühnergericht mit ganzen Eiern.

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    1. Das ist aber sehr nett von dir, dass du da mitgefiebert hast - hat ja geholfen :-)
      Dorowat kenn ich nicht, muss ich gleich googeln ...

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  7. Falsumagru mag ich richtig gern. Gemacht hab ich so einen Braten aber noch nie selber, weil die Bratwürstl hierzulande meiner Meinung nach nicht wirklich brauchbar sind. Ok, eigentlich ist das nur eine Ausrede, weil ich viel zu faul zum Knüpfen bin. Aber dein Ergebnis kann sich sehen lassen :-)

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